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im Referat Erwachsenenbildung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck



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Von allen Sinnen

Liebe Leserinnen und Leser,

Ein Geschmack führt nach Hause. Ein Stück Seidenstoff zwischen den Fingern beglückt. Der Klang der Saiten eines Eierschneiders bringt ins Spiel. Und Inklusion beginnt in der Nase (jemand gut riechen können, muss manchmal erst gelernt werden). Jahresthema der Silberschmieden in 2014 ist „Von allen Sinnen“. In der Tat doppeldeutig: in unseren Impuls-Nachmittagen für Haupt- und Ehrenamtliche, die mit ihren Angeboten Menschen in der zweiten Lebenshälfte ansprechen, regen wir die Sinne an. Und wir möchten den Blick für das Un-Sinnige weiten, z.B. wenn Menschen wunderlich werden. Wenn wir einüben, unseren Sinnen mehr zu trauen, können wir auch mit dem ins Spiel kommen, was nicht mehr ins „Normale“ passt. Zum Beispiel mit Menschen mit Demenz. Erste Erfahrungen haben wir gesammelt, die wir Ihnen gerne weitergeben möchten, für Ihre Arbeit mit Älteren und für Sie selbst – ganz gleich wie alt Sie sind.

 

Ihre
Pfarrerin Annegret Zander und Dr. Hartmut Wolter, Gerontologe

Annegret Zander: 0152/37842215, annegret.zander@ekkw.de
Dr. Hartmut Wolter: 0561/9378-284, hartmut.wolter@ekkw.de 

In dieser Post

Kleine Ode an den Un-Sinn

„Stunden, wo der Unsinn waltet,
Sind selten, stört sie nie!
Schöner Unsinn, glaubt es mir,
Er gehört zur Poesie!“
(Deutsche Bardenklänge, 1867)

Man muss ja theologisch nichts erzwingen, aber ich möchte nur einmal darauf hinweisen, dass ein uns sehr vertrauter praktischer Theologe ziemlich viel Un-Sinniges getan hat. Zum Beispiel bei einer ethisch kniffligen Frage statt zu argumentieren mit dem Finger in den Sand schrieb. Einen wilden Geist aus einem Menschen heraus in eine Schweineherde jagte. Skurrile Geschichten von suchenden Witwen, hartherzigen und dann doch umstimmbaren Richtern erzählte. Um nur weniges zu nennen. Im Übrigen wurde sein tragischer Tod von Nicht-Anhängern als großer Witz verstanden. Es gibt da dieses römische Graffito, das ihn als Esel am Kreuz darstellt. Der christliche Glaube basiert also genau genommen auf einer unsinnigen Geschichte, was seine Anhänger_innen zu Expert_innen in den seltsamen Wegen des Lebens macht. Denn gerade aus einem unfassbar sinnlosen Tod entstand mit Sinn und unbändigem Lebensgeist gefülltes Leben.

Unser Tipp
Anregungen für sinnliche Andachten und Gottesdienste gibt Birgit Mattausch - auch für Gründonnerstag und Ostern in:
Mit Leib und Seel´. Erfahrungen mit der Nähe des Göttlichen machen
 
Der dreizehnte Monat – Frei-Raum
Ich, wenn doch einmal alles anders wäre. Man mehr Zeit hätte, für sich selbst. Für andere. Wie? Haben sie nicht? In diesem Fall empfiehlt Erich Kästner die Einrichtung eines dreizehnten Monats. Lyrik-Doktor Kästner hat auch sonst für viele Lebenslagen etwas in seiner Hausapotheke. Für eine Zeitschrift schuf er einen Gedichtzyklus, der das Jahr monateweise fortschreibt. Da war er Anfang fünfzig. Beim Schreiben fand er sich in der überraschenden Erkenntnis wieder, dass das über viele Jahre rhythmisch erlebte - der Wechsel der Natur im Jahreskreis - sich im Vorgriff schwer beschreiben ließ. Für die Zeitschrift musste das Gedicht immer schon sechs Wochen vorher entstehen.  Der Wortkünstler brauchte also eigentlich seine Sinne, um dem Wesen jedes Monats nahe zu kommen. Ersatzweise bediente er sich einschlägiger Lexika der Tier- und Pflanzenwelt. Unsere Mitarbeiterin in der Silberschmiede Fulda, Martina Fuchs, hat diesen Gedichtzyklus wiederentdeckt und nähert sich mit ihrer Seniorengruppe Monat für Monat künstlerisch und kreativ den Versen an. Kästners Sprache ist bilderreich, ein Fest für die Sinne, philosophisch und hier und da melancholisch. Das Jahr wird älter - so auch wir.

Kästner hat dem Jahr einen dreizehnten Monat hinzugefügt. (Sie finden den Text, wenn Sie „Kästner, Der dreizehnte Monat“ in ihrer Suchmaschine eingeben; als Buch, illustriert von Hans Traxler ein wunderbares Geschenk.) Zunächst stellt Kästner sich vor, wie das Beste aus jedem Monat in diesen dreizehnten einfließt, geradezu paradiesisch, mit Adam und Eva genussvoll in seiner Mitte. Geht das? Will man das? Alles gleichzeitig? Ein bisschen ist es ja gerade so, dass man den Winter in den Zellen und den Frühling in der Nase hat.

Elfember könnte er heißen, dieser Monat, in dem alles gleichzeitig geht oder geheimnisvoll anders wird. Kästner sinniert über die Freiräume, die entstehen, wenn man das Geläufige durcheinander bringt. Unsinn? Der dreizehnte Monat stiftet dazu an, die Welt anders, verrückt und neu gestaltbar zu sehen. So einen dreizehnten Monat zu denken, das kann wie die innere Erlaubnis sein, nicht alles „wie immer“ zu machen. Mit der neuen Freiheit eines dreizehnten Monats kann es leichter fallen, das scheinbar unsinnige Tun anderer (oder auch unser eigenes) gelassener zu sehen – könnte ja sein, dass man dieses oder jenes in einem dreizehnten Monat genau so macht! ODER der Unsinn muss erst begriffen, gespürt, genossen, erkannt werden – damit wir ihn wahrnehmen können - und zwar mit allen Sinnen! 

Wir haben in der Silberschmiede gefragt:
Wie sähe er aus, Ihr dreizehnter Monat? (Die Teilnehmenden haben es erst einmal auf bunten Zetteln selbst aufgeschrieben.)
Wie würde er klingen, wenn wir ihn mit ungewöhnlichen Instrumenten vertonen? (Eierschneidern, Reisdosen, Büchsentommeln … ja, daraus können wunderschöne Töne entstehen, z.B. so "Kitchen in Concert") Welches Bild würde entstehen, wenn Sie aus farbigem Papier und Illustrierten eine Collage gestalten?

Wenn Sie Lust haben, gemeinsam mit anderen Gruppenleitungen aus diesem Thema Ideen für eigene Veranstaltungen in Ihrer Gemeinde zu schmieden, dann sind Sie herzlich zur Silberschmiede in Kassel eingeladen!

Unser Tipp

Silberschmiede Kassel
Donnerstag, den 20. März und Dienstag, den 25. März 2014 (Wiederholung), jeweils 14:30 - 17:30 Uhr
Ort: Haus der Kirche, Wilhelmshöher Allee 330

Weitere Informationen und Anmeldung: Hartmut Wolter, Tel. 0561 9378 284 oder hartmut.wolter@ekkw.de

Um-Denken: Der Mann, der sein Haus für uns sicher machte
Karl-Göran Persson befestigte sein Haus. Über drei Jahrzehnte schuf er einen sicheren Ort für sich und seine Nachbarn. Er hatte in den 1940ern vermutlich über ein Flugblatt von einer Bedrohung durch die Sowjetunion erfahren und rechnete jederzeit mit einem Einmarsch. Er wollte einen Zufluchtsort schaffen. So sammelte er jedes Stück Metall, dessen er habhaft werden konnte. Röhren, Gestänge, Platten. Sogar sechs Meter lange Bahnschienen transportierte er mühsam mit seinem Fahrrad heran. Die Kinder beobachteten aus sicherer Entfernung, wie er pfeifend den Schrott in Beton goss und so sein Haus in eine Festung verwandelte. Ein Monument der Bedrohung und der Suche nach Sicherheit. Ein sinnloses Unterfangen? Karl-Göran baute weiter bis 1975, als er starb. Er hatte allein in dem Haus in Südschweden gelebt. Wenn er zum Baden an den Teich ging, warteten die Kinder schon, dass er sie mitnahm. Sie hängten sich an seine Schulter während er im Wasser seine Runden drehte.
Der 1985 geborene Künstler John Skoog erzählt auf 35mm Film (Titel: Värn, 2014) die Geschichte des Mannes, der die Sorge um die Sicherheit wörtlich nahm. Die Kamera umkreist langsam das zerfallende Gebäude, das allein und ungeschützt auf weiter Flur steht. Aus dem bröckelnden Beton ragen skurrile Metallstücke, die Fenster sind hoch und in Schichten vergittert. Alte Stimmen erinnern an die gebannt beobachtenden Kinder von damals. Seltsam verloren die Stimmen, das Haus.

Dieser Mann war von allen Sinnen. Anders kann man es wohl nicht einordnen. Auch damals waren die Erwachsenen davon überzeugt und versuchten, ihm die begehrten Stückchen Metall vorzuenthalten. Erfolglos! Persson folgte unermüdlich pfeifend seinem Plan.

Das holperige Filmbild mit Streifen und Flecken versetzt mich zurück in die 70er Jahre, als mein Onkel, ein Bauunternehmer mit Firma an der „Zonengrenze“ bei jeder Kaffeerunde den Einmarsch des Russen voraussah. Als Tapeten in wahnwitzigen Mustern das Wohnzimmer beherrschten und die geburtenstarken Jahrgänge in geringelten Polyester - Sweatern und grünen Schlaghosen die Schulen bevölkerten. (Das glaubt einem heute auch keiner mehr - geradezu von Sinnen müssen die Erwachsenen damals gewesen sein.) Als meine Großmutter mit 70 ihren Führerschein machen wollte - und das Essen gewaltig anbrennen ließ. Als noch nicht jedes Kind wusste, dass dies ihrer Demenz geschuldet war.

Warum die Geschichte von Persson aufstöbern, warum das Un-Sinnige erzählen? Warum in unendlich langsamen Bildern dem Zerfall eines Schutzgemäuers auf den Leib rücken? Weil es den Blick weitet. Für einen Menschen, der in seiner Sorge um die Sicherheit nicht nur an sich, sondern auch an seine Nachbarn dachte. Weil niemand ihn von diesem Plan abbringen konnte. Weil auch in unserer Nachbarschaft seltsame Menschen seltsamen Plänen folgen. Weil wir sie argwöhnisch und irritiert beobachten. Und weil wir manchmal diesen unsichtbaren Wall durchbrechen und uns ein Stück mitnehmen lassen, nahezu schwerelos in der Welt der Anderen, Fremden mitschwimmen.

Manchmal braucht es die Kunst, die dem Unsinnigen Sinn gibt. Manchmal braucht es nur einen erweiterten Blick, um dem Un-Sinnigen Raum in der Gemeinschaft einzuräumen. Was wäre, wenn die, die uns irritieren, die Richtung weisen?

Noch ein kleiner Querschuss: Demenz ist vielleicht keine Krankheit, sondern eine veränderte Sicht auf die Welt.

Unser Tipp
Der 15-minütige Film von John Skoog ist noch bis 6. April im MMK Zollamt in Frankfurt zu sehen, unter diesem Link finden Sie auch zwei Fotos des Hauses.

Und in direkter Zusammenhanglosigkeit: eine Automarke spielt mit den Bildern, die wir uns vom Leben machen. Wir machen keine Werbung fürs Auto, aber gerne für´s Umdenken:
www.umparkenimkopf.de
https://www.facebook.com/umparkenimkopf?fref=ts

Eine Phantasiereise in das Land der Farben - für die Gruppenarbeit
 
In der Silberschmiede in Fulda hat Martina Fuchs mit uns eine wunderbare Reise unternommen: Tücher, die sie mit intensiven Farben gefärbt hatte, wurden - jeweils eine Farbe nach der anderen  - auf dem Boden ausgelegt und wir gingen zwischen den Farbtüchern umher. Sie können diese Reise im Herumgehen genauso wie im Sitzen machen. Im Blog der Fachstelle finden Sie die vollständige Anleitung. Hier klicken
 
Blaues Wunder: Bantam Leinsaat aussähen
März/April ist Aussähzeit für ein blaues Wunder: Blauer Lein. Wie wäre es, wenn Sie zu Hause oder in Ihrem Gemeindegarten (mit Ihrer Seniorengruppe) gentechnikfreie Samen einsäen und dem Wunder beim Wachsen zusehen. Zur Erntezeit gibt es dann Geschichten von Flachs- und Leinen und frische Pellkartoffeln mit Leinöl. Eine kleine politische Aktion zum Schutz der Sortenvielfalt und ein blauer Protest gegen Gentechnik auf dem Acker. Auch zu haben: Mais, Tomaten und andere feine Sachen bei
www.bantam-mais.de

ClownIn im Altenheim werden - jetzt informieren
 
Haben Sie Lust, sich selbst ins Spiel zu bringen? Lieben Sie Begegnungen mit Menschen? Möchten Sie das Alter zu Ihrem Freund machen? Haben Sie heimlich eine rote Nase in der Hosentasche?

Dann kommen Sie doch zu uns und lassen Sie sich zum Clown, zur Clownin im Altenheim ausbilden!